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Inspiration Nr. 1/2020

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EXPERT EISKLETTERN KALTE

EXPERT EISKLETTERN KALTE KUNST Beim Eisklettern ist die richtige Ausrüstung essenziell. Denn ohne haben Kletterer an der eisigen Vertikalen keine Chance. Doch was sind die richtigen Produkte und auf welche Feinheiten kommt es an? Ein Ratgeber. ILLUSTRATION: SOPHIE KETTERER TEXT RABEA ZÜHLKE Wenn die Temperaturen fallen, Wasserfälle zu kletterbaren Säulen gefrieren und dicke Eisschichten die Felsen bedecken, zieht Samuel Bundi los. Und das, so oft es geht – wenn es denn mal geht. «Die Eisklettersaison ist nicht lang», sagt der Abteilungsleiter Hartwaren von Bächli Bergsport. «Meist sind es nur wenige Wochen, an denen alles zusammenpasst.» Ist es zu kalt, wird das Eis spröde. Ist es zu warm, sind die Eistrukturen instabil. «Ideal sind beständige Temperaturen um null Grad über mehrere Wochen», weiss Bundi. Doch selbst dann bewegt sich das Eis von Tag zu Tag. Temperatur, Wassermenge und Untergrund beeinflussen das Eis permanent. Aber wenn das Eis einmal steht und die Bedingungen passen, gibt es wenig Vergleichbares: So abweisend die gläsernen Strukturen aussehen, so anziehend sind sie für Eiskletterer. Vorausgesetzt, die Ausrüstung stimmt. Denn ohne das richtige Material ist das Spiel in der eisigen Vertikalen vorbei, bevor es überhaupt losgeht. EISGERÄTE Eisgeräte, Steigeisen und Eisschrauben gehören zu den wichtigsten Tools beim Eisklettern. Im Vergleich zu klassischen Hochtourenpickeln, die auf dem Gletscher oder beim Skibergsteigen als Stockersatz, Werkzeug oder Rettungsanker dienen, unterscheiden sich technische Eisgeräte vor allem in Form, Festigkeit und Gewicht. In Eis-, Mixed- oder Drytooling-Routen sind sie einer höheren Belastung ausgesetzt. Anders als Hochtourenpickel müssen Haue und Schaft deswegen bestimmten Festigkeitswerten nach UIAA- und EU-Normen entsprechen. Dadurch sind tech nische Eisgeräte in der Regel schwerer – was aber der notwendigen Schlagwucht beim Setzen ins Eis zugutekommt. Als Kunde erkennt man den Unterschied zwischen den beiden Typen am Buchstaben, der am Schaft eingeprägt ist: Eisgeräte haben ein «T», klassische Hochtourenpickel ein «B». Über die Form entscheidet der Einsatzbereich: Je steiler das Gelände, desto gewinkelter Schaft und Haue. «Leicht gebogene Eisgeräte wie das Quark von Petzl eignen sich für steile bis vertikale Eisfälle genauso wie für steile Nordwände oder Firnfelder», erklärt Bundi. «In Steileis- oder in Mixed- Routen ist der Schaft stärker gebogen, in anspruchsvollen und überhängenden Mixed- und Drytooling-Routen ist die Krümmung noch ausgeprägter und der Griff geneigt.» So lässt sich das Gerät präziser und kräftesparender im steilen Gelände platzieren. Auch die Dicke der Haue unterscheidet sich nach Spielart: «Zwar sind alle Hauen aus gehärtetem Stahl, beim Mixed-Klettern und beim Drytooling müssen sie aber dicker und robuster sein», urteilt der Bächli-Experte. Zahnung und Spitze sind bei Touren im Fels oder im kombinierten Gelände dafür weniger scharf, weil die Haue gezielt gesetzt und nicht geschlagen wird. Hammer oder Schaufel am Kopf sind übrigens unnötig. «Ein Hammer dient zum Einschlagen von Haken, eine Schaufel zum Stufenschlagen oder Schnee entfernen», erklärt Bundi. Hilfreich sind diese Werkzeuge in Nordwänden oder Firnflanken, weniger beim Eisklettern. Sinnvoll sei dagegen ein ergonomisch geformter Doppelgriff (z. B. Petzl Ergonomic). «Das ermöglicht verschiedene Haltepositionen im steilen oder überhängenden Gelände», weiss der Abteilungsleiter. Feinheiten, die bei Anfängern zunächst wenig Relevanz haben, aber für den ambitionierten Eiskletterer ausschlaggebend sind. Für Beginner gilt: «Das Gerät sollte gut in der Hand liegen und der Griff auf die Handgrösse abgestimmt sein», so Bundi. Den Wert scharfer Eisgeräte kann man kaum überschätzen. Sie greifen nicht nur besser im Eis, sondern entwickeln auch weniger Sprengkraft. Die Hauen sollten also regelmässig gewartet werden, zumal das kein Hexenwerk ist: «Mit einer einfachen Handfeile zu Hause nachschleifen», rät der Bächli-Experte. Dafür das Gerät an der Haue einspannen und die Feile senkrecht zur Kante vor und zurück bewegt – möglichst gerade, um den Schliff beizubehalten. Für zu stark abgenutzte Hauen bieten fast alle Hersteller Ersatz an. STEIGEISEN Wer Eisklettern richtig lernen will, braucht Steileissteigeisen mit einer und zwei vertikalen Frontalzacken. Bei ersten Versuchen im Eis können diese übrigens in allen Bächli-Filialen gemietet werden. «Für reines Eisklettern empfehlen sich Modelle mit Doppelzacken», sagt Bundi. Diese seien auch für Anfänger von Vorteil: «In wenig INSPIRATION 01 / 2020 29

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