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Inspiration Nr. 04 - 2022

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Rubrik Thema Thema

Rubrik Thema Thema Rubrik Wegweiser Davos ‹2› ‹1› Auch ohne knietiefen Pulver lohnt die Abfahrt nach Sedrun immer. ‹2› Vom Winde verweht: im Aufstieg zum Pazolastock ‹1› ‹3› Klarer Wegweiser: der Leuchtturm am Oberalppass «Käpt´n Bruno» nimmt Kurs: Scharf am roten Blinklicht des Leuchtturms vorbei, peilt er ins wilde Weiss hinein. Dünen und Wellen wechseln sich ab, ruppig geht es über steife Wogen. Die vermeintliche Gischt, die der Wind vor sich hertreibt, entpuppt sich allerdings als kristallin und hart. Schnee statt Spritzwasser fegt ihm ins Gesicht. Das wiederum liegt daran, dass er natürlich kein Seebär oder Skipper ist, sondern Bergführer. So hat Bruno Honegger keine Decksplanken unter sich, sondern zwei breite Tourenski. Doch das rot-weiss-rot angepinselte Schifffahrtszeichen gibt es wirklich: Der Leuchtturm markiert die Oberalp-Passhöhe, die das Vorderrheintal in Graubünden vom Urserental im Nachbarkanton Uri trennt. Seit 2010 steht die Touristenattraktion der «Stiftung Leuchtturm Rheinquelle» auf 2056 Metern Höhe und erinnert daran, dass der Fluss hier seinen Ursprung hat. Rund 1230 Kilometer weiter nördlich mündet der Rhein dann in den Niederlanden in die Nordsee. Wer also eine Skitour am Oberalppass beginnt, kommt zwangsläufig an dem zehn Meter hohen Wahrzeichen vorbei. «Und dem Rhein, dem werden wir bei fast allen Touren in der Surselva wieder begegnen», sagt Bruno Honegger, als er seine Skibindung zuschnappen lässt und mit seiner Gruppe zur Alp Milez hinuntergleitet. Der 2614 Meter hohe Piz Cavradi ist das heutige Ziel, doch von dem Berg ist nichts zu sehen. Undurchdringlich sind die Wolkenschwaden, die im Val Maighels hängen. «Droben könnte es Sonne haben», so der Bergführer, und beginnt zuversichtlich mit dem Aufstieg. Die auffälligen Schneestangen weisen uns den Weg zur Camona da Maighels. Benötigen würde Bruno Honegger die Orientierungshilfe aber selbst in der Nebelsuppe nicht: Ein Vierteljahrhundert hat der End-60er mit seiner Frau Pia nämlich die Hütte auf 2314 Metern Höhe bewirtet und kennt das Gebiet wie seine Hosentasche. Zielstrebig steuert er also eine kleine Brücke an, die gerade noch aus einer Schneewehe ragt. Daneben ein kleines Rinnsal, das gleich wieder im Weiss verschwindet. «Man glaubt es kaum: Das ist der Rhein.» Offiziell entspringt der Vorderrhein dem Lai da Tuma (2344 m), einem Tümpel ein knappes Stündchen oberhalb des Val Maighels. «Jetzt im Winter plätschert kaum Wasser da heraus», sagt Bruno Honegger. Aber im Sommer, da speise ein Blockgletscher den Tomasee. Immerhin: So kann man hier mit einem einzigen Schritt den gesamten Rhein überschreiten. Funkelnde Kristalle und weisses Gold Nach anderthalb Stunden lichtet sich der Nebel. Als Erstes wird die flatternde Schweizer Flagge der Camona da Maighels sichtbar. Die Ankunft ist für Bruno Honegger wie ein Familientreffen: Die Hütte war 25 Jahre lang das Leben des Skilehrers aus Kloten – bis er 2019 das Haus in jüngere Hände gab. Seitdem managt seine Tochter Nora mit ihrem Partner Mauro Loretz die Hütte. Ski abstellen, Stiefel abfegen und hinein in die Hütte. Auch Mauros Bruder Rafael ist heute hier oben. In der Gaststube zeigt er auf den Inhalt einer Vitrine: Quarzsteine, «Ein kleines Rinnsal, das gleich wieder im Weiss verschwindet: Das ist der Rhein.» ‹3› ‹4› ‹4› Wellenkuppe: Zwischenstopp auf der Abfahrt im Val Pintga Mineralien, Hämatite und andere Bergkristalle glitzern in der gläsernen Box. Bescheiden, aber auch ein wenig stolz, präsentiert Rafael Mauro die Fundstücke, die er selbst beim Mineraliensuchen in der nahen Cavradischlucht geborgen hat. «Wer ein Patent hat, der darf dort sogar sprengen, um Klüfte aufzubrechen», verrät der Hobby-Strahler und beweist, dass er offenbar ein feines Näschen für die Kristall-Verstecke hat. Im Winter allerdings geht der Skitouren-Fan lieber auf die Suche nach dem «weissen Gold». 14 15

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