PARTNERCHECK FRITSCHI Diamir war ein Meilenstein – für uns und die gesamte Branche», schwärmt Andreas Fritschi. Der Firma ging es gut. Im Nachhinein vielleicht ein bisschen zu gut. Fritschi nahm zwar zur Kenntnis, dass immer mehr Tourengeher auf Pin-Bindungen umsattelten, die den grossen Vorteil haben, dass nicht der gesamte Rahmen bei jedem Schritt mitbewegt werden muss. Aber die Reichenbacher zögerten, ein solches System zu präsentieren: zum einen, weil sie der Idee von Fritz Barthel, dem aus Tirol stammenden Erfinder, hohen Respekt zollten; zum anderen, weil sie bei dem für den gewichtsreduzierten Aufstieg gedachten Bindungssystem die für Fritschi unabdingbaren Sicherheitsfunktionen für die Abfahrt vermissten. und ein Alleinstellungsmerkmal entwickelt. «Sicherheit steht für uns an oberster Stelle», betont Ibach. Während der Hochphase des Pin-Booms hatten er und sein Team immer wieder Rückmeldungen von Bergführern erhalten, die von schweren Knieverletzungen mit Pin-Systemen berichteten. Aber im Hype um das letzte Gramm Gewichtsersparnis sei das untergegangen. «Die Gefahr wurde lange ignoriert», sagt Ibach. «Die Leute wollen raus, ihr Wochenende geniessen. Aber sie sollen auch wieder gesund zurückkommen. Den Ultraleicht-Hype machen wir deshalb bewusst nicht mit. Er führt zu gebrochenen Bindungen und gebrochenen Knochen. Die Balance muss stimmen. Unser Motto lautet: lieber einige Gramm mehr, aber stabil und sicher.» der Ferse. Ein weiterer Trumpf des Hinterbackens ist das dort verbaute Niederhalte-System. Es sorgt dafür, dass der Schuh mit Druck von oben fest in der Bindung gehalten wird. Damit ist der Kraftschluss auf den Ski sowohl von oben als auch von der Seite gewährleistet. «Während bei herkömmlichen Pin-Bindungen der Schuh am Hinterbacken durch nur zwei Stifte gehalten wird, hat Fritschi hier richtig getüftelt», erklärt Ibach. «Warum? Weil 80 Prozent der Kräfte hinten wirken.» Gleichzeitig arbeite die Tecton 12 so sicher wie eine Alpin-Bindung, denn die Seitwärtsauslösung findet über den Vorderbacken statt – getrennt von der Frontalauslösung im Hinterbacken. Ungewollte Auslösungen wiederum werden mit langen dynamischen Wegen verhindert. Das Ergebnis all dieser Innovationen ist eine Fritschi hatte schwierige Jahre zu überstehen. In der Entwicklungsabteilung liefen die Köpfe heiss. «Unser Anspruch war es, nicht nur ein bekanntes Pin-System zu kopieren, sondern etwas völlig Neuartiges zu schaffen», erklärt Geschäftsführer Ibach, der bereits vor mehr als 20 Jahren zu Fritschi stiess. Ingenieure und Techniker tüftelten an optimalen Lösungen, unterstützt von moderner CAD-Software, 3D-Druckern, einer Werkstatt speziell für den Prototypenbau und einem technischen Labor zur Überprüfung aller Schritte. 2014 war Fritschi zurück in der Spur und präsentierte mit der Vipec die erste rahmenlose Tourenbindung mit Pins und definierter Auslösung. Nach dem Ausmerzen von Kinderkrankheiten hatte Fritschi wieder ein erstklassiges Pferd am Start – vor allem aber: ein Thema besetzt SICHERHEIT BEI JEDEM SCHRITT Fritschi definiert das Thema Sicherheit umfassend und in vier Dimensionen: bei Handling, Aufstieg, Abfahrt und Auslösung. Die Herausforderung dabei: Oft sind es technische Details, die eine Bindung besser und sicherer machen. Diese sind aber erklärungsbedürftig und nicht immer ganz einfach zu kommunizieren. Ein Beispiel: Bei der Tecton 12 sorgt ein seitlich nicht drehbarer Alpin-Fersenbacken für optimale Kraftübertragung vom Schuh auf den Ski. Bei einer Pin-Bindung mit einem für die Seitwärtsauslösung horizontal-drehenden Hinterbacken ist die Ferse bei jedem Schwung in Bewegung. Bei der Tecton 12 ist das kaum möglich – die Energie wird so deutlich besser auf den Ski übertragen. Zusätzlich baut Fritschi durch das im Hinterbacken verankerte Rail eine direkte Verbindung zum Skitourenschuh ein: Dieses greift nämlich in das Insert an Abfahrtsspass in Sicherheit. Ausgangspunkt bei der Entwicklung sind bei Fritschi stets die Bedürfnisse der Nutzer. MEILENSTEINE 1960 1964 1980 1995 2000 2001 2008 2014 Albert Fritschi gründet ein Atelier für Apparate- und Prototypenbau. Fertigung von Prototypen für Bindungen ohne Gehfunktion im Auftrag von Ulo Gertsch. Die Söhne Andreas und Christian Fritschi lancieren mit der FT-88 die erste Tourenbindung. Die Rahmenbindung Diamir bringt Fritschi an die Spitze des neuen Trendsports Skitourengehen. FOTO: FRITSCHI AG SWISS BINDINGS Das Wachstum ermöglicht den Neubau einer modernen Fabrik an der Hauptstrasse in Reichenbach. Mit der abfahrtsorientierten Diamir Freeride leistet Fritschi einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung. Die Familienholding v. Nordeck übernimmt die Aktienmehrheit. Andreas Fritschi (re.) und Stefan Ibach, CEO seit 2004, bleiben Aktionäre. Bei der neuen Vipec findet die Seitwärtsauslösung über den Vorderbacken statt – getrennt von der Frontauslösung im Hinterbacken. 44 INSPIRATION 04 / 2020 45
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