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Inspiration Nr. 02 - 2021

GIPFELTREFFEN KATHERINE

GIPFELTREFFEN KATHERINE CHOONG diese Route würde zu meiner Grösse passen. Der Ort ist fantastisch und mir hat auch die Route sofort gefallen. Und dass es eine 9a-Route war, hat mich natürlich besonders motiviert. Für diese Route besonders hilfreich war, dass der Stil der Wettkämpfe sich zu dieser Zeit verändert hat. Es wurde alles viel dynamischer und schneller. Das hat mich gefordert. Ich habe an mir und meinen Schwächen gearbeitet. Und am Fels hat mich das dazu gebracht, schneller und explosiver zu klettern. Ich bin jetzt auch kräftiger und kann deshalb auch mehr Risiken eingehen. Du hast eben deine Grösse angesprochen. Du bist 1,60 Meter gross. Nein, es sind leider nur 1,58 Meter. Empfindest du das in den schwierigen Routen als einen Nachteil? Die Grösse macht es in einigen Routen schon schwieriger, aber klein zu sein, ist keine Entschuldigung. Es kann auch ein Vorteil sein. Und im Weltcup gibt es sogar welche, die sind noch kleiner als ich. Bei «Jungfraumarathon», meiner «Es ist wirklich wunderschön dort.» Choong im «Gimmelexpress», 8c+, im Klettergarten Gimmelwald seit Kurzem eine weitere Spray Wall bei den Griffebauern von «Flathold» in Moutier, die ich auch nutze. Und für Sportkletter- und Mehrseillängenrouten sind auch die Wettkämpfe hilfreich. Viele Routen an einem Tag klettern zu müssen, wie in den Wettkämpfen, verbessert die Ausdauer. Und vor allem lernt man in den Wettkämpfen, mit Druck und Stress umzugehen. Für mich ist aber auch das Felsklettern selbst ein gutes Training, das mir Ausdauer gibt und Kraft in den Fingern. Du hast vorhin kurz angedeutet, dass es dich für die «Cabane au Canada» motiviert hat, dass es eine 9a-Route war. Du hast damit gezeigt, dass du die derzeit beste Schweizer Kletterin bist. Meine Felsprojekte sehe ich vor allem als persönliche Herausforderung. Da geht es zunächst um nichts anderes. Natürlich freut es mich aber, dass ich die erste Schweizerin war, die eine 9a geschafft hat, wobei ich sicher bin, dass es auch andere Frauen gibt, die so stark sind wie ich und die eine 9a einfach noch nicht versucht haben – vielleicht, weil ihr Fokus anderswo liegt, im Wettkampfklettern oder in Mehrseillängenrouten. 9a heisst deshalb nicht, dass ich die beste Schweizer Kletterin bin, wie ich übrigens eh der Meinung bin, dass Felskletterer diese Schwierigkeitsgrade, die ja sehr subjektiv sind, viel zu ernst nehmen. Stundenlang können sie darüber diskutieren, ob eine Route eine 9a oder eine 9a+ ist. Was macht für dich dann den Unterschied aus? Ob es eine Erstbegehung oder eine Wiederholung ist. Die, die eine Route wiederholen, wissen nämlich, dass sie möglich ist. Wobei sich auch da sehr viele Parameter verändern können, was die Vergleichbarkeit echt schwierig macht. Das Wetter hat viel Einfluss und verändert vieles. Und wenn die Route oft geklettert wurde und abgegriffen ist oder wenn ein Griff ausgebrochen ist, ist es auch schon wieder ganz anders. Echte Vergleichbarkeit gibt es für mich deshalb nur an einer künstlichen Wand, an derselben Route am selben Tag. Und was hältst du von Kategorien wie «First Female Ascent»? Ich gebe zu, dass wenn eine Frau eine Route geschafft hat, sie dann auch für mich möglicher erscheint – allein schon wegen meiner Grösse. Und wenn der Zusatz «FFA» dem Erfolg eine grössere Sichtbarkeit gibt und Frauen dazu inspiriert, schwierige Routen zu klettern, ist das für die Sache ganz gewiss sehr gut. «Felskletterer nehmen Schwierigkeitsgrade, die ja sehr subjektiv sind, viel zu ernst.» zweiten 9a-Route, war es tatsächlich so, dass ich wegen meiner Grösse einige Moves gar nicht geschafft habe. Am Ende hat es aber doch geklappt. Ich habe Griffe und Tritte gesucht, die ich erreichen konnte. Und dann konnte ich die Route auch durchsteigen. Diese Route hat mich vor allem mental sehr gefordert. Es hat sich alles so in die Länge gezogen. Im Oktober 2018 war ich zum ersten Mal in «Jungfraumarathon» unterwegs. Dann kam der Winter. Im Frühjahr bin ich dann sehr weit hinaufgekommen. Ich bin aber immer wieder an derselben Stelle gescheitert. Es ist wirklich extrem hart, wenn es keinen Fortschritt gibt. Da positiv zu bleiben, war echt schwierig. Ich habe die Route dann auswendig gelernt, habe versucht, mich an jeden Move zu erinnern und am Ende war es dann ein fantastisches Gefühl, als es mir gelungen ist, die Route zu durchsteigen. Angy Eiter, die erste Frau, die überhaupt eine 9b-Route geklettert ist, hat diese Route damals sogar in der Halle nachgebaut, um sich bestmöglich vorzubereiten. Machst du das auch? Bestimmte schwierige Züge trainiere ich natürlich in der Halle. Abhängig davon, was gerade ansteht, versuche ich, für die Wettkämpfe und für meine Projekte am Fels parallel zu trainieren. In der Halle geht es vor allem um Kraft und Explosivkraft für dynamische Züge. Das mache ich am Campusboard, am Hangboard oder mit Nofoot-Bouldern, also Klettern ohne Zuhilfenahme der Füsse. Mit der Nationalmannschaft können wir dreimal pro Woche in der Halle in Biel trainieren. Ich bin zweimal pro Woche dabei. Mein Freund hat im Haus seiner Eltern eine einfache Trainingswand, an der ich trainieren kann, und dann gibt es FOTO: RAINER EDER 40 INSPIRATION 02 / 2021 41

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