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Inspiration Nr. 02-2020

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EXPERT DRAUSSEN KOCHEN

EXPERT DRAUSSEN KOCHEN oder gar Holz, sind für alpine Unternehmungen nicht zu empfehlen. Im Vergleich zu Gas und Benzin fallen sie im Brennwert deutlich ab. Spirituskocher machen für Ultraleicht-Tourer und Trekkings in gemässigten Regionen noch Sinn, kommen bei widrigen Bedingungen aber schnell an ihre Grenzen. «Und Kerosin sollte man wegen der sehr starken Verschmutzung nur im äussersten Notfall einsetzen», warnt die Bächli-Expertin. WELCHES MODELL PASST ZU MIR? Ist der Brennstoff gewählt, steht die zweite Grundsatzentscheidung an: Möchte ich in einem Portaledge nur Wasser für die Fertigmahlzeit aufkochen, beim Biwakieren Schnee zum Schmelzen bringen oder kann ich auf ebenem, windstillem Untergrund ganze Mahlzeiten kochen? Aufsetzkocher werden direkt in die Gaskartusche geschraubt. Sie sind leicht, günstig und unkompliziert in der Handhabung (z. B. MSR PocketRocket), wegen des Kartuschenbodens aber etwas wackelig auf unebenem Untergrund und windanfällig – vor allem mit grossen Töpfen. Freistehende Kocher weisen eine bessere Standfestigkeit auf, dank der Zuleitung kann die Kartusche separat abgestellt werden. Benzinkocher sind ausschliesslich als freistehende Kocher mit Zuleitung erhältlich. Freistehende Kocher sollte man mit einem Windschutz, z. B. aus einer Titanfolie, vor Leistungseinbussen schützen. Freunde der Vertikalen sowie Alpinisten oder Höhenbergsteiger bevorzugen Kochersysteme: «Hier bilden Topf und Brenner zusammen mit einem Windschutz eine Einheit», sagt Brändli. Dadurch sind die kompakten Systeme besonders energiesparend und zuverlässig bei Wind, manche lassen sich sogar aufhängen. «System kocher kommen vor allem dann zum Einsatz, wenn ein schneller, brennstoffsparender und zuverlässiger Kocher gefragt ist, mit dem man nur Wasser erhitzen will, um Fertigmahlzeiten zuzubereiten», erklärt die Bächli-Expertin. Mehrstoffkocher hingegen sind die idealen Begleiter für mehrwöchige Expeditionen und unvorhersehbare Bedingungen. Je nach Modell können verschiedene Düsen eingesetzt und so unterschiedliche Brennstoffe verbrannt werden. DAS RICHTIGE GESCHIRR Auch beim Geschirr gilt: Der richtige Topf ist abhängig vom Vorhaben. «Zum Braten und Kochen sind breite Töpfe sinnvoll, höhere, um «Ein sorgfältiger Umgang mit dem Material ist Pflicht! Denn Brennstoffe sind teilweise sehr leicht entflammbar. Zudem sollte man vor dem ersten Gebrauch wissen, wie man den Kocher benutzt.» ANDREA BRÄNDLI PRODUKTMANAGERIN HARDWEAR Schnee zu schmelzen oder Wasser zu kochen», weiss Brändli. Neben der Form ist die Wärmeleitfähigkeit des Materials ausschlaggebend: Je niedriger diese ist, desto ungleichmässiger erhitzt sich der Inhalt. «Gleichzeitig ist die Wärmeleitfähigkeit abhängig von der Beschichtung. Keramik hat beispielsweise eine sehr gute», erklärt die Produktmanagerin. So werden Aluminiumtöpfe mit Keramikbeschichtung im Outdoorbereich am häufigsten verwendet. Aluminium ist leicht, vergleichsweise preiswert und nimmt die Hitze des Kochers gut an. Allerdings ist es wenig abriebfest, weswegen es mit Keramik oder Teflon beschichtet wird. «Eine PFTE-Beschichtung, bekannt als Teflon, verfügt über gute Antihaft-Eigenschaften. Es brennt nichts an und der Topf ist kälte- und hitzebeständig.» Von Vorteil sei ausserdem, dass eine teflon beschichtete Pfanne selbst mit Kratzern noch benutzt werden kann: «Bei einer normalen, fachgerechten Benutzung ist Teflon absolut unbedenklich.» Um dennoch eine schnelle Abnutzung zu vermeiden, rät die Expertin zu Silikon-, Plastik- oder Holzbesteck. Töpfe aus Edelstahl sind nur bedingt ratsam: Sie sind zwar langlebig, robust, rostfrei und kratzfest, besitzen aber eine geringere Wärmeleitfähigkeit und sind aufgrund ihres hohen Gewichts eher beim Camping von Vorteil. Töpfe aus Titan finden eher bei Ultraleicht-Tourern Gefallen: «Titan ist ultraleicht und robust, jedoch sehr hochpreisig. Doch bei alpinistischen Vorhaben mit Fokus auf das geringe Gewicht genau das Richtige.» FOTO: PRIMUS BIWAK AM BERG – WAS IST ERLAUBT? Martin Künzle ist Fachmitarbeiter für den Bereich Bergsport und Umwelt beim SAC. Er erklärt, worauf man bei einer Übernachtung am Berg achten muss und wann ein offenes Feuer tabu ist. INTERVIEW THOMAS EBERT Eine Übernachtung im Freien gehört mit zu den schönsten Erlebnissen auf einer Bergtour. Was muss man in der Schweiz dabei rechtlich beachten? In gewissen Schutzgebieten ist freies Campieren ausdrücklich verboten oder aufgrund eines Zutrittsverbots nicht möglich. Dazu gehören der Schweizer Nationalpark, die eidgenössischen Jagdbanngebiete, viele Naturschutzgebiete sowie Wildruhezonen während der Schutzzeit. Zudem gilt es vor Ort Tafeln zu beachten, die auf zusätzliche Regelungen von Gemeinden und Kantonen hinweisen. In der Regel ist eine Übernachtung einer kleinen Anzahl Personen oberhalb der Waldgrenze unproblematisch, wenn sie rücksichtsvoll erfolgt. Ein Notbiwak ist grundsätzlich erlaubt. Rücksichts volles Übernachten heisst: sich möglichst ruhig verhalten, sensible Lebens räume (u.a. Waldgrenzen, Auen und Feuchtgebiete) meiden, möglichst wenig Spuren hinterlassen und jeden Abfall wieder mitnehmen. Fällt der Betrieb eines Gas- oder Benzinkochers auch unter den Begriff «Biwakieren», oder muss die Küche kalt bleiben? Ob wir nun ohne Zelt (biwakieren) oder mit (campieren) übernachten, hat nichts mit Kochen zu tun. Gas- und Benzinkocher hinterlassen bei sachgerechter Anwendung keine Spuren bzw. Schä- den in der Natur. Wo ein Feuerverbot gilt, muss daher nicht zwingend der Gebrauch eines Gas- oder Benzinkochers eingeschränkt sein. Die rechtliche Lage ist aber nicht abschliessend geklärt. Entscheidend ist die Frage: Wo wähle ich meinen Übernachtungsplatz? Gas- oder Benzin kocher sind unproblematisch, wenn wir uns rücksichtsvoll verhalten und die eigenen Spuren möglichst gering halten. Dazu achte ich z. B. im Hinblick auf seltene Pflanzen und Bodennester von Kleintieren, wo ich die heisse Pfanne abstelle oder wohin ich allfälliges Kochwasser abgiesse. Den Abwasch erledige ich mit einem biologisch abbaubaren Spülmittel, dort wo kein Abwasser in die Gewässer gelangen kann. Was rät der SAC im Umgang mit offenem Feuer am Berg? Generell sollten Feuer sehr zurückhaltend entzündet werden. Am besten nutzt man nur bestehende Feuerstellen. Denn neue Feuer zerstören die Vegeta- SAC- MERKBLATT Der SAC hat alle wissenswerten Informationen zum Thema «Campieren und Biwakieren in den Schweizer Bergen» in einem übersichtlichen Merkblatt zusammengestellt. sac-cas.ch/bergsport-naturschutz MARTIN KÜNZLE FACHMITARBEITER BERGSPORT UND UMWELT SAC tion und den Boden. Feuer sollten auch nie zu dicht an Bäumen, Felswänden oder in Höhlen entfacht werden. Hitze und Rauch können unbemerkt viele Pflanzen und Tiere verletzen oder sogar töten (z. B. eine ganze Fledermauskolonie in einer Höhle oder Felsspalte). Ausserdem gilt es unbedingt die Waldbrandgefahr zu beachten. Dies betrifft auch den Gas- und Benzinkocher. Ab grosser bis sehr grosser Waldbrandgefahr (checken auf waldbrandgefahr.ch) ist jegliches Feuer im Freien verboten, also auch Kocher. Bei starken und böigen Winden sollte man auf Feuer im Freien unbedingt verzichten. Wer sich rücksichtsvoll verhält und auf seine Umwelt achtet, hinterlässt beim Kochen keine Schäden in der Natur. 20 INSPIRATION 02 / 2020 21

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