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Inspiration Nr. 01.2022

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PARTNERCHECK MEINDL

PARTNERCHECK MEINDL hätten sie von ihrem Vater geerbt, vermutet Lukas Meindl. «Seit wir denken können, waren mein Bruder und ich an den Samstagen mit ihm in der Werkstatt und haben an Innovationen mitgetüftelt. Als Buben spielten wir Verstecken im Lederlager und haben alles durcheinandergebracht. Ich glaube, die Mitarbeiter waren nicht immer glücklich, wenn wir kamen. Aber so haben wir spielerisch alle Abteilungen erkundet und sind in das Unternehmen Stück für Stück hineingewachsen.» So lernten die Brüder schon in jungen Jahren, dass es rund 200 Arbeitsschritte braucht, bis aus Gummi, Leder und Membran ein hochwertiger Bergschuh wird. Sonntags wurden die Prototypen getestet, gemeinsam mit dem Vater in Der oberbayerische Berg-Schuster fertigt Qualitätswerkzeuge für die Füsse und setzt dabei eine jahrhundertealte handwerkliche Tradition fort: Seit mehr als 300 Jahren ist Meindl Schuhmacher in Kirchanschöring. den Chiemgauer Alpen. «Wer gute Outdoor-Schuhe herstellen will, muss auch eine Passion für den Outdoor-Sport mitbringen», findet der heutige Geschäftsführer. «Die Leidenschaft für die Natur und die Berge hat uns der Vater in die Wiege gelegt.» Was sie vom Senior auch gelernt haben: Man muss den Spagat zwischen traditionsbewusstem Schuhmacher und innovativem Trendsetter schaffen. Modische «Shoes for Actives» zum Flanieren in der Stadt sind genauso im Programm wie der Perfekt – ein zwiegenähtes Urvieh, ganz aus Leder und ohne Gore-Membran, den Meindl «a-modisch», aber nicht «un-modisch» nennt und dessen Herstellung echte Handwerkskunst ist, die nur noch wenige Schuster beherrschen. Was die beiden so unterschiedlichen Kategorien an Fuss-Werkzeugen verbindet: Alle glänzen sie durch Langlebigkeit und bedingungslose Qualität. Wie die zustande kommt? «Das geht nicht von heute auf morgen. Das wächst über Jahrzehnte, wenn Kunden zufrieden sind und uns weiterempfehlen.» Qualität brauche Erfahrung, die richtigen Materialien, die richtige Machart, qualifizierte und engagierte Mitarbeitende, einen effizienten Service, ein Test- Team aus Bergführern und Athleten, das ehrliches Feedback gibt. Erst dieser Mix ermögliche Höchstleistungen. «Das ist enorm wichtig für uns», sagt Lukas Meindl. «Auf jedem Schuh, den wir produzieren, steht schliesslich unser Familienname Meindl drauf.» Die Firma ist in ihrer Heimat tief verwurzelt. Meindl hat zwar auch Werke in Ungarn, Slowenien und Italien. Doch viele der etwa eine Million Paar Schuhe, die jedes Jahr in den Verkauf gehen, werden in Kirchanschöring hergestellt, wo mehr als 200 Mitarbeitende beschäftigt sind. «Wir haben eine nur geringe Fluktuation. Einige sind hier bereits in zweiter Generation tätig. Die haben das Handwerk noch von ihren Eltern gelernt.» Sie schätzen die Werte und die Unternehmensphilosophie, für die Meindl steht. 2008 wurde zum Beispiel die «Alfons-Meindl-Sozialstiftung» gegründet. Sie hilft Menschen aus der Region, die unverschuldet in Not geraten sind. Lukas Meindl sagt dazu nur: «Wir sind uns unserer sozialen Verantwortung bewusst, wollen aber nicht gross darüber reden.» DIE SCHUSTER AUS OBERBAYERN Machen statt reden – das war schon immer das Credo der Schuster aus Kirchanschöring. Petrus Meindl war Ende des 17. Jahrhunderts der Erste. Seither ist ununterbrochen ein Meindl der Schuhmachermeister und führt das Familienunternehmen, inzwischen in neunter Generation. Den Grundstein für die Firma in ihrer heutigen Form legte 1928 Lukas Meindl Senior. Parallel zum Schuhmacherhandwerk begann er, Lederbekleidung herzustellen. Er beschäftigte nach wenigen Jahren bereits zehn Mitarbeitende. 1948 stieg dann der 19-jährige Sohn Alfons in den elterlichen Betrieb ein. Der passionierte Alpinist erkannte früh die Chancen des wachsenden Freizeitmarktes, besuchte Messen, spezialisierte sich immer stärker auf funktionelle Bergschuhe und anfangs auch auf Skischuhe. Schritt für Schritt baute er die Produktion aus. Alfons‘ Bruder Hannes und die ganze Familie arbeiteten tatkräftig mit und führten «Meindl» erstmals als Marke ein. Der Bereich Lederbekleidung, von Hannes Meindl geführt, wurde später ausgelagert, um das Unternehmen auf die nächste Generation vorzubereiten. Die Firma Meindl Bekleidung ist ebenfalls noch immer in Kirchanschöring ansässig und wird heute von Markus und Hannes Meindl geführt. Alfons Meindl war ein Meister darin, sich ständig Neues einfallen zu lassen. Er begriff auch früher als andere, dass sich der Schuhmarkt im Bereich Wandern und Bergsteigen immer stärker spezialisierte. Er führte deshalb 1975 vier Leistungskategorien von A (weich) bis D (steigeisenfest) ein und erklärte die Unterschiede in einer hauseigenen «Bergsteigerfibel». 1978 stand ein Höhenbergstiefel von Meindl mit einem neuartigen Filzinnenschuh sogar auf dem Mount Everest. Höher ging es nicht mehr. Oder etwa doch? Gegen Ende der 1970er-Jahre merkte Alfons Meindl, dass die Menschen nicht mehr mit schweren Tretern zum Bergwandern gehen wollen. Leichte Modelle mit einem Mix aus Leder und Textil kamen in Mode. Wie jedoch sollte man deren viele Nähte dicht bekommen? Wieder setzte er auf ein neuartiges Material. «Im Nachhinein klingt das alles logisch, doch damals zog die Firma Gore mit ihrem Material wie sauer Bier durch Europa», erzählt Lukas Meindl. «Unser Vater hatte das Potenzial aber gleich erkannt und die MEILENSTEINE 17. Jh. 1928 1949 1975 1982 2000 2012 2015 Mit Petrus Meindl beginnen 300 Jahre Schuhmacher-Tradition in Kirchanschöring. Lukas Meindl Senior gründet den heute noch existierenden Familienbetrieb. Geburt der Marke Meindl, Alfons beginnt mit der Produktion von Bergund Skischuhen. Meindl führt erstmals die vier Leistungskategorien für Bergschuhe ein: von A (weich) bis D (steigeisenfest). FOTOS: ARCHIV MEINDL, THOMAS GRÜNER FOTO: PETER STRAUB Leicht, wasserdicht und atmungsaktiv: Trailor heisst der erste Gore-Tex-Bergschuh bei Meindl. Das Air Revolution System kommt auf den Markt: Dank einer offenporigen Lasche wird Feuchtigkeit nach aussen transportiert. Als erster Schuhhersteller liefert Meindl bei den Identity-Modellen einen Herkunftsnachweis für das Oberleder. Einweihung eines modernen Logistikzentrums zur Stärkung und Sicherung des Standorts in Kirchanschöring. 60 INSPIRATION 01 / 2022 61

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