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Inspiration Nr. 01.2022

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EXPERT LAWINENAIRBAGS

EXPERT LAWINENAIRBAGS LUFT RETTUNG 1985 bringt ABS den ersten Lawinenairbag-Rucksack auf den Markt. Heute gehört das Selbstrettungssystem bei vielen Wintersportlern zur obligatorischen Notfallausrüstung. Bei Bächli-Bergsport haben Kunden die Wahl zwischen fünf verschiedenen Airbag-Systemen. Wie sie funktionieren und welche Vorteile welches System mitbringt: eine Übersicht. ILLUSTRATION: LAURA KLOHN TEXT RABEA ZÜHLKE Strahlend blauer Himmel, ein unverspurter Hang, die ersten genussvollen Schwünge im Schnee. Dann passiert es: Der Hang bricht, Tausende Tonnen von Schnee beginnen mit beängstigender Geschwindigkeit talwärts zu rauschen. Ein kräftiger Zug, ein Knall, und drei Sekunden später besteht die grösste Hoffnung aus Luft – besser gesagt: aus einem mit komprimierter Luft gefülltem Ballon. Lawinenairbag-Rucksäcke sind die einzige Notfallausrüstung, die bei einem Lawinenabgang eine Verschüttung verhindern kann. Das physikalische Prinzip dahinter nennt sich inverse Segregation, im Volksmund: der Paranuss-Effekt. Kleinere Partikel orientieren sich in einer sich bewegenden Masse von Teilchen nach unten, grössere nach oben. Schüttelt man also beispielsweise an einem Müsliglas, gelangen Paranüsse automatisch nach oben, Haferflocken nach unten. Dasselbe Prinzip gilt für eine Person mit aufgeblasenem Airbag in einer Lawine: Durch den Auftrieb «schwimmt» das Lawinenopfer an der Oberfläche. Allerdings nur im Idealfall. Inwiefern ein Lawinenairbag die Überlebenswahrscheinlichkeit in einer Lawine tatsächlich erhöht, hat der Lawinenforscher Pascal Haegeli mit einem Expertenteam 2014 untersucht: In der Forschungsarbeit analysierten sie über 245 Lawinenunfälle, in denen Personen mit und ohne Airbag in derselben Lawine involviert waren. Das Ergebnis: 22,2 Prozent aller Personen, die ohne Airbag in eine Lawine geraten, sterben. Mit aufgeblasenem Airbag sind es 11,1 Prozent. Ein aufgeblasener Airbag kann also die Hälfte der Todesopfer verhindern. Gleichzeitig bedeutet es: Selbst mit aufgeblasenem Airbag stirbt noch jeder neunte Verschüttete. Der Unterschied ist zwar signifikant, aber nicht so gross, wie bis dahin angenommen. Zudem wurde der Optimalfall betrachtet, das heisst: Die Person konnte den Airbag auslösen. In der Praxis misslingt aber jedem fünften Lawinenopfer die Auslösung des Airbags. DER LAWINENAIRBAG-RUCKSACK Trotzdem ist der Lawinenairbag-Rucksack eine sinnvolle Notfallausrüstung, die Leben retten kann. So sollte das Auslösen trainiert, der Rucksack regelmässig gewartet sowie die LVS-Ausrüstung nicht vernachlässigt werden genauso wie die Tourenplanung. Berücksichtigt man all diese Faktoren, ist der Airbag ein Sicherheits-Plus. Jedes Modell besteht vereinfacht gesagt aus einer Auslöseeinheit, meist in Form eines im Schultergurt verstaubaren Griffs, einer Fülleinheit, die sich meist im Mittelteil des Rucksacks befindet, sowie einem Luftkissen, das komprimiert in einem separaten, geschützten Fach im oberen Teil des Rucksacks liegt. Darüber hinaus besitzt jeder Lawinenairbag-Rucksack eine Beinschlaufe, die von hinten zwischen die Beine nach vorne durchgefädelt und im Hüftgurt eingehängt wird. Diese oft als unnötiges Feature angesehene Beinschlaufe verhindert, dass die Lawine den Rucksack vom Leib reisst. Generell müssen alle in Europa zugelassenen Lawinenairbag-Rucksäcke seit 2017 eine EU-Norm erfüllen, die beispielsweise ein Mindestvolumen des Luftkissens von 150 Litern vorschreibt. ABS bietet mit ihrem patentierten TwinBag zwei 85-Liter-Airbags, die komplett voneinander getrennt sind. Sie sollen für mehr Auftrieb als ein Mono-Airbag sorgen und zudem als Reserve dienen, falls ein Luftkissen beschädigt wird. Ausserdem sind die Airbags auf den Körperschwerpunkt abgestimmt. «Viel wichtiger als die Anzahl sind nämlich die Position und das Volumen des Airbags», erklärt Ski & Mountain Merchandiser Loïc Tonnot von Black Diamond Europe. Black Diamonds JetForce Pro 35 Airbag hat deswegen ein Volumen von 200 Litern. Für Tagestouren eignen sich Lawinenairbag- Rucksäcke mit mindestens 25 Litern Volumen, bei hochalpinen Touren oder Skidurchquerungen sind 35 bis 45 Liter sinnvoll. Bei einigen Herstellern, etwa Mammut, Alpride oder Ortovox, lassen sich die Airbag-Systeme vollständig aus dem Rucksack entfernen und in Modelle mit kleinerem oder grösserem Volumen wieder einbauen. Rucksäcke von ABS oder Black Diamond sind dagegen modular aufgebaut: Ein kleiner Rucksack samt Airbag-System bildet die Basis und kann über anzippbare Deckeltaschen und Aufsätze erweitert werden. «Freeriderinnen und Freerider wählen öfters eine Zip-on-Variante, Tourengeherinnen und Tourengeher haben hingegen eher einen Bedarf für einen schlichten, dafür etwas leichteren Airbag-Rucksack», fasst Bächli Produktmanager Matthias Schmid zusammen. Features wie ein höhenverstellbarer Griff, ein Umbau für Links- und INSPIRATION 01 / 2022 43

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