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Inspiration Nr. 01-2025

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Wegweiser Aiguille de la

Wegweiser Aiguille de la Tsaborgen. Inmitten des Unterwalliser Hochgebirges ist die Hütteein Hort der Wärme in einer Welt aus Gletschern, Firn und Fels,in der sonst nur der Wind und Wolken wohnen.Im kreischenden PorzellanDass Alpinisten das Gebiet bereits früh erschlossen, erstaunt aufden ersten Blick. Bekannte Berge sucht man in unmittelbarer Nähevergeblich. Jedoch war die geografische Lage damals interessant,bot der Glacier du Mont Miné doch einen leichten Zugang zur DentBlanche und zum Col de la Tête Blanche. Und von diesem aus warman rasch am Fuss der Dent d’Hérens, in Zermatt oder im italienischenValpelline. Bereits 1897 entschied die Sektion Neuchâtel desSchweizer Alpen-Clubs SAC, oberhalb des Col de Bertol eine Hüttezu bauen. Diese erweiterten und erneuerten sie in den folgendenDekaden immer wieder, bis 1976 die heutige Cabane de Bertol entstand.Von niemand Geringerem entworfen als von Jakob Eschenmoser,dem Übervater aller Architekten im Schweizer Hüttenbaudes 20. Jahrhunderts. Ganze 16 Hütten hatte er in den SchweizerAlpen konzipiert und umgesetzt, darunter die Domhütte, die Salbithütteund die Albert-Heim-Hütte.Wir übernachten also im Baudenkmal. Was besonders auffällt,als wir uns schlafen legen: Eschenmosers Markenzeichenals Architekt waren polygonale Hütten, in denen er die Schlafschlägeim Kreis anordnete. Was er als «Maximum an Rauminhaltbei einem Minimum an Fassadenfläche» pries, heisst füruns Gäste: Die trapezförmigen Matratzen bieten viel Platz für dieSchultern, während unsere Füsse dicht an dicht liegen. Nachdemjedoch fast alle «Eschenmoser-Hütten» zeitgemäss umgebautsind, geniessen wir den nostalgischen Wert der Cabane de Bertol.Oder versuchen es zumindest.Als wir morgens um fünf Uhr aus der Hütte hinaus auf dieTerrasse treten, fühlen wir uns dennoch befreit. Wir atmen diekalte Luft ein und blicken auf den Glacier du Mont Miné, der imkalten Licht der Morgendämmerung liegt, während die Stirnlampender ersten Seilschaften in seiner Weite leuchten wie Lichtinselnin einem hellblauen Meer. Unklar bleibt, was uns der Tagbringen wird. Ob wir durch dieverschneiten Felsen auf die Spitzeder Aiguille de la Tsa kletternwerden – oder nicht. Doch wir setzenauf das Glück der Tüchtigenund schultern die Rucksäcke, steigenüber die Treppen und Leiternzum Skidepot ab und rutschenbald auf Ski talwärts. Über Hänge,in denen der Schnee nachts zuweissem Porzellan gefroren ist,auf dem unsere Kanten so lautkreischen, dass man sich die Ohrenzuhalten möchte.Die Suche nach der NadelWenig später steigen wir jenseits‹1› eines Felssporns wieder auf.Kehre um Kehre durch die Kältedes Morgens, bis wir den Col dela Tsa von Westen her erreichen – und nicht von Osten her, wiees der direkte Aufstieg von der Hütte aus erlaubt hätte. Dochimmerhin: Nun sind wir im Pass, just als die Sonne im Ostenüber die Grate der mächtigen Dent Blanche steigt. Vor uns liegendie weiten Kuppen des Glacier de l’Aiguille, durch die wirnun ziehen. Schritt für Schritt weiter in die Wärme des Frühlingstageshinein, rund um uns glitzernde Schneekristalle, alsstiegen wir durch ein Feld aus Diamanten.Von einem Gletscherkessel steigen wir in den nächsten undentdecken auf einmal vor uns – nicht allzu weit entfernt – einenFelsturm. Wir bleiben stehen und fragen uns: Ist es sie? Oder‹1› Die Leitern, die vom Skidepot zurCabane de Bertol führen, bieten einenSchlussspurt vor Kaffee und Kuchen.‹2› Auch wenn die Tour nicht allzulang ist, lohnt sich ein früher Aufbruch –perfekter Sulz lockt!‹2›Morgenstimmung auf dem Glacier du MontMiné – mit den obersten Spitzen vonMatterhorn und Dent d'Hérens am Horizont.2829

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