Klimawandel Standplatz Auf dem Konkordiaplatz, im Zentrum des Grossen Aletschgletschers, sind 2022 mehr als sechs Meter Eis abgeschmolzen. Es wird heiss «Schlimmer als 2003: Schweizer Gletscher schmolzen wie noch nie» – so fasst das SLF das Jahr 2022 zusammen. Was bedeutet das für den Hochtourensport? Foto: SLF/Matthias Huss, privat, SAC/Hugo Vincent «Mehr gute Tourentage als früher» Michael Wicky Gründer und Leiter, bergpunkt.ch «Wir Bergführer und Bergschulen sind es gewohnt, unsere Touren an die Verhältnisse am Berg anzupassen, z. B., wenn auf einer Skitour die Lawinengefahr zu hoch ist oder es im Sommer im Hochgebirge geschneit hat. Mit der Klimaerwärmung müssen wir als Bergschule noch flexibler und kurzfristiger in der Programmgestaltung werden: Schon Anfang Juli kann eine Hochtour zu ausgeapert sein oder es können gewisse Routen wegen Steinschlag über längere Zeit zu gefährlich sein. Mit dem Rückgang der Gletscher gibt es Touren, die nicht mehr oder schwieriger zu machen sind, andere werden einfacher. Tourenbeschreibungen sind schnell veraltet und man muss sich um aktuelle Informationen kümmern. Netzwerke werden wichtiger – deshalb pflegen wir bei bergpunkt eine gute Vernetzung. Zuletzt waren die Winter wärmer, die Schneegrenze lag höher. Zudem gab es auf der Alpensüdseite eine Häufung von schneearmen Wintern. Wir haben deshalb auch Best-Place-Touren im Programm: Anspruch und Termin sind fix, das Tourengebiet wird aber ganz kurzfristig festgelegt. Auf unseren Spontantouren schreiben wir kurzfristig dort Touren aus, wo die Verhältnisse am besten sind. Mit einem früheren Start der Sommersaison und einer gewissen Flexibilität gibt es wahrscheinlich mehr gute Tourentage als früher, z. B. herrschten im letzten Spätsommer sehr lange beste Verhältnisse auf felslastigen Hochtouren. Deshalb ein Wunsch an die Hüttenwarte: nämlich, dass mehr von ihnen die Hütten von der Skihochtourensaison bis zum Ende der Sommersaison durchgehend bewirten oder zumindest die Sommersaison früher starten.» «Wenig Restschnee wegen des warmen Frühlings, die lang anhaltende Trockenperiode und der warme Sommer haben unseren Hütten im Jahr 2022 zu schaffen gemacht. Die Wasserversorgung war teilweise kritisch, weil manche Quellen schon sehr früh im Jahr versiegten. So konnte etwa die Konkordiahütte kein Wasser mehr für Körperhygiene ausgeben, auch Blüemlisalp- und Lischanahütte hatten Probleme, wie generell alle Hütten in Karstgebieten. Hüttenschliessungen blieben zum Glück aus. Wir als SAC lehnen es aus Umweltschutzgründen ab, Trinkwasser auf Hütten zu fliegen. Rein klimatisch war der Sommer schon extrem, wenn auch nicht beispiellos. Man kann diese Prozesse nicht restlos kontrollieren, sondern muss sich an die Bedingungen anpassen: Wir werden gemäss unserer Klimastrategie weiter den Wasserverbrauch auf Hütten reduzieren und dabei etwa die Umstellung von WCs auf Trockentoiletten vorantreiben, die wir bereits in 35 Hütten haben. Damit halbieren wir den Wasserbrauch, der im Schnitt pro Gast – inkl. Bewartungsteam – bei 25 Litern pro Tag liegt. Mit dem Ausbau von Wasserspeichern können wir künftig längere Trockenperioden überbrücken. Vom Gast ist Verständnis für sparsamen Umgang mit Wasser in der Hütte gefragt, sowie allgemein für den Trend zu mehr Suffizienz. Langfristig geht es bei der Klimastrategie auch um die Gestaltung klimaneutraler Hütten, die z. B. auch mit Drohnen versorgt werden könnten. Was die Öffnungszeiten angeht, die Herr Wicky anspricht: So etwas wird von innovativen Hüttenteams bereits praktiziert und in Zukunft sicher noch stärker kommen.» «Extrem, aber nicht beispiellos» Ulrich Delang Bereichsleiter Hütten, SAC 24 25
Laden...
Laden...
Laden...