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Inspiration - 02.2019

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GIPFELTREFFEN TAMARA

GIPFELTREFFEN TAMARA LUNGER In den Videos der Expeditionen mit Simone Moro (51) wirkt ihr beide wie ein lustiges Dreamteam. (Lacht). Anfangs war das gar nicht so. Er hat mich 2009 auf meine erste Höhenexpedition zum Island Peak mitgenommen, aber er war wie ein Vater. Er hat mir immer gesagt, Tamara, du musst dies tun, du musst jenes tun. Er wollte einen zweiten Simone aus mir machen. Beim Versuch unserer Winterbesteigung des Manaslu 2015 schliesslich hat es sehr viel geschneit. So hatten wir viel Zeit zu reden: über Werte, übers Leben, über Einstellungen – darüber, wie der Mensch am Berg funktioniert. Wir haben herausgefunden, dass wir einfach perfekt zusammenpassen. Die Expedition war zwar nicht so erfolgreich, aber für mich war es trotzdem ein Erfolg: Wir haben uns wirklich kennengelernt. Deine aktuelle Expedition heisst Gesundheit. Klingt erst mal nicht so aufregend wie ein Achttausender. Für mich ist das ein ganz spannender neuer Weg. Seit meiner Jugend an der Sportoberschule habe ich meinen Körper geschunden. Mein Körper war der Sklave meiner mentalen Stärke, meines Kopfes, der ihm keine Ruhe gönnen wollte. Ich war total süchtig. Ich habe ja Sport studiert und weiss, man muss Pausen einhalten. Aber für mich galt das nicht. Das ist doch krank! Meine Knie, mein ganzer Körper haben gelitten. Die Schmerzen wurden immer häufiger und stärker. Aber ich wollte es nicht einsehen – bis mich im vergangenen Sommer ein guter Freund zu einem intensiven sportmedizinischen Check schickte. Und das Ergebnis? Die Ärzte haben mir sofort gesagt: «Nein, du gehst diesen Winter nicht auf Expedition.» Meine erste Reaktion war: «Ha, das werden wir schon sehen!» Aber nach einigen Stunden der Reflexion habe ich mir gesagt: «Ich habe genau zwei Möglichkeiten: Entweder ich richte mich selbst zugrunde. Oder ich bin das erste Mal in meinem Leben gescheit genug und entscheide mich für die Gesundheit.» Das habe ich getan. Es war ein Glücksgefühl, wie ich es selten erlebt habe. War das wirklich eine so spontane Entscheidung? Oder ist da etwas in dir gereift? Das Umdenken hat 2016 begonnen, als ich 70 Meter unterhalb des Nanga Parbat Gipfels umgekehrt bin. Ich hatte mich beim Aufstieg ins letzte Lager gut gefühlt. Doch am Gipfeltag habe ich nur gelitten, musste mich immer wieder übergeben. Kurz vor dem Gipfel war es, als hätte mich eine virtuelle SMS erreicht, in der stand: «Wenn du weitergehst, wirst du deine Familie nie mehr sehen.» Obwohl ich sonst oft Entscheidungsschwierigkeiten habe – in diesem Moment war mir absolut klar, was zu tun ist: Runtergehen! Absteigen! «Letzendlich hatte ich unendlich Glück.» Alex Txikon, Tamara Lunger, Simone Moro und Ali Sadpara (v.l.) im Februar 2016 am Nanga Parbat. MEHR ALS NUR ACHTTAUSENDER Tamara Lunger zählt zu den stärksten Alpinistinnen der Welt. Seit ihrer Jugend hat sie Wettkampfsport betrieben. 2008 holte sie den Weltmeistertitel im Skibergsteigen in der U23-Klasse. Zwischen 2010 und 2017 hat sie jedes Jahr mindestens eine Achttausender-Expedition unternommen. Ihr grösster Erfolg: Die Besteigung des K2 ohne Sauerstoff. Alles über ihre Expeditionen und Projekte: www.tamaralunger.com Lesestoff: Tamara Lunger, Meine Glückseligkeit an der Grenze zum Tod, Tappeiner Verlag. Video: Paragliden im Himalaya mit Aaron Durogati und Tamara Lunger, https://youtu.be/iByBNlojrQk FOTO: PRIVATARCHIV TAMARA LUNGER FOTO: CHRISTIAN PENNING Trotzdem hätte der Abstieg um ein Haar tödlich geendet. Beim Sprung über eine Gletscherspalte bin ich gestrauchelt und den Berg hinabgestürzt. Letztendlich hatte ich unendlich Glück. Nach 200 Metern kam ich zum Stillstand – ehe ich in 3000 Meter tiefes Absturzgelände gerutscht wäre. Wird man nach solch einem Erlebnis noch demütiger, was schwierige Projekte am Berg betrifft? Die Natur ist eine so grosse Kraft. Man muss sich mit ihr verbünden, darf nicht gegen sie arbeiten. Das probiere ich gerade. Ich muss nicht immer den härtesten Weg gehen, wie ich es mein bisheriges Leben lang gemacht habe. Am Anfang hat mich diese Erkenntnis fast erschreckt. Aber ich bin zu 100 Prozent davon überzeugt: Wenn ich von meiner Expedition Gesundheit zurückkehre, gehe ich ganz anders auf die Berge. Ich bin nicht mehr auf dem Ego-Trip, sondern auf dem Seelen-Trip. Ich folge meinen Schmetterlingen. Und da bin ich auf dem richtigen Weg. Keine Angst vor Veränderungen: Ihre Expeditionen haben Tamara Lungers Urvertrauen gestärkt. „Bergerlebnisse mit meiner Familie sind mir genauso wertvoll wie Unternehmungen an Bergen weltweit wie dem Fitz Roy. Deuter ist für mich eine Marke mit Vergangenheit – und Zukunft!“ MICHI BÜCKERS MIT DEM NEUEN TRAIL 30 36

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