an der Kander stellte er seinen Rucksack ab und ich bekam ein bisschen Kondensmilch, die er mir aufgespart hatte. Danach sind wir nach Hause gegangen. Dann kam ein Telefon: wieder zwei Verunglückte. Mein Vater musste sich erneut anziehen und mit der Lampe raus in die Nacht. An Sonntagen hatte ich immer Angst und betete, wenn er fortmusste. Er selber hat nie geflucht. Es ging ja um Menschen, und der Vater wollte helfen. GIPFELTREFFEN 22 In Bern immer noch ein gern gesehener Gast: Ex-Bundesrat Adolf Ogi. Haben Sie einen Lieblingsausrüstungsgegenstand? Meinen Pickel. Bevor die leichten Pickel aufkamen, gab es den Schild-Pickel aus Kandersteg und den Bhend-Pickel aus Grindelwald. Beide Produzenten kannte ich persönlich. Ich habe gesehen, wie die Pickel hergestellt wurden. In den Bergen haben Sie auch intensive Erfahrungen mit dem Tod gemacht. Als 16-Jähriger halfen Sie, einen Toten zu bergen. Es ging um die Bergung zweier Brüder. Der eine lag zerschmettert in der Tiefe, wir mussten ihn vier Stunden ins Gasterental hinuntertragen. Der andere hatte überlebt. Das hat mich ins Grübeln gebracht: Warum ist der eine Bruder tot und der andere hat überlebt? Ist das Zufall? Schicksal? Damals hab ich gespürt, wie vergänglich auch ein junges Leben sein kann. Die Natur wirft uns immer wieder zurück: auf uns selbst. Auch Ihr Onkel, ebenfalls ein Bergführer, ist tödlich verunglückt. Ja, und auch der Sohn meines Cousins. Beim Tod meines Onkels am Breithorn war ich noch ein Kleinkind. Aber ich bekam natürlich mit, wie das meinen Vater bewegte. Als Bub holte ich den Vater nach seinen Bergtouren immer am Bahnhof ab. Bei der ersten Bank Gehört der Tod in den Bergen dazu? Er gehört nicht zu den Bergen, er gehört zum Leben. Man darf ihn nicht den Bergen zuschreiben. Einmal kommt er. Das muss man akzeptieren. 2009 ist Ihr Sohn an Krebs gestorben. Gelingt es, ein solches Erlebnis zu akzeptieren? Nein, das wird nie ganz gelingen. Es ist die fundamentalste Erschütterung, die wir als Vater und Mutter machen mussten. Man bleibt fragend, suchend und nicht findend. Ich habe mich damals zwei Jahre zurückgezogen, meine Frau fast vier. Jetzt versuchen wir, uns die schönen Erlebnisse mit Mathias vor Augen zu halten. Gerade gestern fand meine Frau Katrin Zeichnungen von ihm. Auch heute bekommen wir noch täglich Briefe. Aber wir möchten das jetzt abschliessen. Dabei ist mir wichtig, festzuhalten, dass meine Frau und ich nicht die einzigen sind, die den Tod eines Kindes erleben mussten. Früher schenkten Sie wichtigen Personen einen Bergkristall. Tragen Sie einen in der Tasche? Selbstverständlich (packt einen Rauchkristall aus). Ich glaube daran. Seine Entstehung brauchte zwei Millionen Jahre, ich lebe vielleicht 80 oder 90 Jahre. Das relativiert alles. Ich habe nur den Leuten einen geschenkt, die ich wirklich schätzte. George Bush etwa bekam keinen, weil er den Irak-Krieg begonnen hat. Der Papst bekam einen, alle damaligen Bundesräte auch. Und natürlich Kofi Annan – den treffe ich übrigens gleich zum Mittagessen. INTERVIEW: MIA HOFMANN UND THORSTEN KALETSCH FOTOS: MANU FRIEDERICH
05:21, ICELAND / Linn Asplund and henrik windstedt in the vapor jacket and vapor shorts #catchmagichour
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