Aufrufe
vor 6 Jahren

Inspiration 1/2018 dt

  • Text
  • Inspiration
  • Schnell
  • Gipfel
  • Meter
  • Gewicht
  • Berge
  • Cerro
  • Stephan
  • Ueli
  • Dynafit

PARTNERCHECK RED CHILI

PARTNERCHECK RED CHILI «Ausser auf Expeditionen bin ich in all den Jahren so gut wie keinen Serienschuh geklettert», sagt Glowacz. Immer mit dem Ziel, die perfekte Kombination aus Performance und Passform zu finden. Denn der Schuh soll knackig sitzen, darf über lange Zeit seine Vorspannung nicht verlieren – und soll dennoch direkt aus dem Karton passen und bequem zu klettern sein. Von diesem Anspruch waren Kletterfinken Mitte der 90er-Jahre noch weit entfernt. Die meisten Kletterer kauften sich die Schuhe zwei bis drei Nummern kleiner, das absolute Leiden gab es gleich mit dazu. Der Schwabe Hofstädter und der Oberbayer Glowacz vertrieben damals die spanische Kletterschuhmarke Boreal in Deutschland. Doch seit der Erfahrung am El Capitan liess beide der Gedanke an einen eigenen Schuh nicht mehr los. Bis zu jenem Abend, als in Hofstädters Dachgeschosswohnung in Löchgau ein «extremes Innovationsbrainstorming» losbrach, gefördert von einigen Flaschen Rioja und dem lauten Sound der Red Hot Chili Peppers aus den Lautsprechern. Am nächsten Morgen war unter zahlreichen Rotweinflecken von all den niedergeschriebenen Ideen nicht mehr viel zu erkennen – bis auf «Red Chili». Der heilige Gral: Nur wer gute Leisten hat, kann darauf perfekt sitzende Kletterschuhe entwickeln. NAIVITÄT UND ENTHUSIASMUS Die beiden trafen einen Nerv, und das zur richtigen Zeit. Sportklettern boomte Ende der 90er und «im Schuhbereich gab es nur zwei, drei Platzhirsche», erzählt Glowacz. Er war bei seinem vorherigen Schuhsponsor La Sportiva in die Entwicklung der Kletterschuhe mit einbezogen, hatte sich viel vom damaligen Entwickler Heinz Mariacher («Moderne Zeiten») abgeschaut. «Da hab’ ich mir eingebildet, dass ich richtig Erfahrung hab’», sagt Glowacz und lacht heute darüber. Kumpel und Kletterpartner Leo studierte Wirtschaftsingenieurwesen, dank seiner Diplomarbeit über die «Einführung einer neuen Schuh-Marke in einem etablierten Markt» besass Red Chili einen Businessplan. Hochmotiviert fuhren die beiden Gründer ins italienische Schuhmacher-Mekka Montebelluna und fragten dort forsch an, wer ihnen die drei ersten Kletterschuh-Modelle Zorro, Durango und Mescalito produzieren wolle. «Wir standen unter Druck, weil wir angekündigt hatten, dass es die Schuhe ab 1998 zu kaufen geben würde», erzählt Hofstädter. Es war eine Kombination aus brutaler Naivität und grenzenlosem Enthusiasmus. «Hätte nur einer von uns beiden ein BWL- Studium gehabt und wir das Risiko wirklich abgewogen … ich bin nicht sicher, ob wir das tatsächlich gemacht hätten», blickt Glowacz auf den Beginn zurück. Doch die beiden zogen durch – und die ersten Schuhe mit der roten Chili-Schote schlugen 1998 in der Kletterszene ein. «Wir hatten ins Schwarze getroffen», sagt Glowacz. Voll ins Schwarze traf kurz darauf auch der Brief einer US-amerikanischen Merchandise-Firma, die sich damals sämtliche Namensrechte am Film «Zorro» mit Antonio Banderas gesichert hatte. «Da flatterte dann die Abmahnung eines US-Anwalts ins Haus und wir mussten erst einmal tief durchatmen», erzählt Uwe Hochstädter. Was heute nach lustiger Anekdote klingt, war damals ein «richtiger Tritt in die Eier». Die Lösung: aus Zorro wurde Torro. Red Chili wuchs, sogar schneller als geplant – und bekam dadurch das Problem vieler erfolgreicher Gründer: dieses Wachstum ohne Fremdkapital, aus eigener Tasche zu finanzieren. Uwe Hofstädter vertrieb Ende der 90er in Deutschland die britische Hardware-Schmiede Wild Country. Diese stieg 2001 als strategischer Partner bei Red Chili ein – bis die gesamte Wild Country Company 2012 von Salewa und der OberAlp-Gruppe übernommen wurde. Glowacz und Hofstädter kauften ihr «Baby» Red Chili wieder heraus und feierten vor zwei Jahren den 20. Geburtstag der Marke, die heute in 18 Ländern weltweit vertrieben wird. EIGENE KLEIDUNGSLINIE SEIT 2013 Heute setzt Red Chili auf die drei Bereiche Kletterschuhe, Klettermode und Accessoires, etwa Chalk-Bags, Crashpads oder Bürsten. Bei den Schuhen erkannte das Unternehmen früh den Trend zum Hallenklettern und rückte den Schwerpunkt verstärkt in Richtung Bouldern und Indoorklettern. 2010 kam passend dazu mit dem «Matador» ein radikaler Boulderschuh auf den Markt. «Der war komplett schwarz und sah super stylisch aus», sagt Hofstädter. Neben den Highend-Produkten entwickelte Red Chili zudem bewusst Hallenschuhe für den Verleih. Der robuste «Session» mit doppeltem Gummiband ist heute noch fester Bestandteil der Kollektion und als Leihschuh in vielen Kletterhallen präsent. MEILENSTEINE 1996 1998 1999 2000 2010 2012 2013 2018 Stefan Glowacz und Uwe Hofstädter gründen Red Chili Die ersten drei Modelle Zorro, Durango und Mescalito werden ausgeliefert Der Dos Equis mit Doppelklettverschluss Vertriebspartnerschaft mit Wild Country (Red Chili International Ltd) FOTO: ARCHIV RED CHILI Mit dem robusten Session setzt man bewusst auf den Trend Hallenklettern und Verleih Übernahme von Wild Country durch die OberAlp-Gruppe, Glowacz und Hofstädter kaufen Red Chili zurück Erste eigene Kletter- und Boulder- Bekleidungslinie Red Chili fusioniert mit der Edelrid Gmbh & Co KG 44 INSPIRATION 01 / 2018 45

Deutsch