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Inspiration 03/2015 dt

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Segellegende Sir Peter

Segellegende Sir Peter Blake: «Icebreaker ist in jeder Hinsicht allem überlegen, was ich jemals getragen habe. Ich habe es 43 Tage und 43 Nächte lang getragen, ohne dass es anfing, zu kratzen oder zu miefen.» PARTNERCHECK 44 in der Plastikwelt der Neunzigerjahre nicht die richtige Story, um sein ganz natürliches Hightech-Produkt zu verkaufen. Dem 24-jährigen Jeremy leuchtet die Botschaft jedoch sofort ein, als er zum ersten Mal ein Merino-T-Shirt überzieht: «Sie sind nicht aus Plastik.» Diese Losung ist zwar sehr kurz, fusst aber auf einer tieferen Einsicht, die die Outdoor-Gemeinde bisher verdrängt. «Es macht einfach keinen Sinn, sich draussen zu bewegen, um der Natur näherzukommen und dabei Kunstfasern zu tragen» – so formuliert es Jeremy Moon. Und da hat er recht: Zwar bemühen sich einige Ausrüster, recycelte Materialien zu verwenden, aber der Löwenanteil der Outdoor-Bekleidung wird aus Kunststoff gefertigt und somit letztlich aus Erdöl. Die Haare des Merinoschafes hingegen sind ein im Wortsinne nachwachsender Rohstoff. Nun klingt «Wäsche aus Wolle» aber nicht unbedingt sexy, schon eher nach «Liebestöter» - genau für diese Art von Unterwäsche wurde das Wort ja erfunden. Dass Brakenridges Prototypen in Sachen Schnitt und Design noch optimierungsbedürftig waren, fand auch Jeremy Moon. Weil er sein neues Shirt aber gleich eine ganze Woche trug, entdeckte er noch einen weiteren Vorteil von Merino: Die Wolle wirkt antibakteriell und müffelt auch nicht, wenn der Träger stark schwitzt. Eine Erlösung für Menschen, die auf längere Touren gehen, auf vollbesetzten Hütten oder in engen Zelten schlafen. Wer je die Cuvée von Ausdünstungen getragener Funktionswäsche eingeatmet hat, denkt bei dem Wort «Liebestöter» heutzutage vor allem an schnell stinkende Kunstfasern. Ein ambitionierter Plan Moon kündigt seinen Job, schwindelt ein bisschen, um einen Kredit zu bekommen, und kauft Anteile von Brakenridges Firma. Mit einem Businessplan, der nichts weniger vorsieht, als einen Global Player aufzubauen, «der mit North Face oder adidas konkurrieren kann», geht er auf Investoren-Suche und kratzt 250000 Dollar zusammen. «Das Ziel ist ehrgeizig, aber unser Produkt ist gut genug», davon ist Moon überzeugt. Die ersten Icebreaker-Shirts hängen 1995 in Neuseelands Läden, und als die Firma vier Jahre später zum Sprung nach Europa ansetzt, wird die Schweiz ihr Sprungbrett, weil ein Freund von Moon dort wohnt. Die beiden quetschen sich mit Warenmustern in einen Twingo und klappern Sporthändler um Sporthändler ab. Viele zeigen sich skeptisch. Während Naturprodukte heute zum guten Ton gehören, setzte die Branche damals noch voll auf Kunstfasern. Einige Händler lassen sich von dem Mann mit den Husky-Augen jedoch überzeugen, Bächli Bergsport ist einer der ersten und bis heu-

MEILENSTEINE 1994 Icebreaker wird gegründet und etabliert mit der Verwendung von Merinofasern in einer von Kunstfasern dominierten Industrie eine neue Bekleidungskategorie. 1995 Rekord-Weltumsegler Sir Peter Blake drückt seine Begeisterung für Icebreaker aus und verhilft der Marke in Neuseeland zu Bekanntheit: «Icebreaker ist in jeder Hinsicht allem überlegen, was ich jemals getragen habe. Ich habe es 43 Tage und 43 Nächte lang getragen, ohne dass es anfing, zu kratzen oder zu miefen.» Merinowolle am Laufmeter – Icebreaker verarbeitet mittlerweile ein Viertel der neuseeländischen Produktion. te grössten Kunden in Europa: «Meine Eltern haben natürliche Materialien wie Wolle schon immer geliebt und auf solche Produkte nur gewartet», erzählt der heutige Geschäftsleiter Felix Bächli – er selbst sei damals noch nicht so weit gewesen und vertraute auf seinen anspruchsvollen Bergtouren weiter auf Synthetik. Genau wie innerhalb der Familie Bächli wird die neue natürliche Funktionswäsche bald in der gesamten Outdoor-Gemeinde heftig diskutiert. «Es war lange Zeit ein schwieriges Thema», erinnert sich Felix Bächli. «Und manchmal fast schon komisch, wie Fakten und persönliche Vorlieben wild gemischt wurden und mit Verve ums Rechthaben gestritten wurde.» Jeder hatte eine Meinung: Die, die sich beim besten Willen nicht vorstellen konnten, in Wolle unterwegs zu sein. Die, die je nach Art der Tour mal Merino, mal Synthetik trugen. Und natürlich auch die, die nach dem ersten Test nie wieder etwas anderes auf ihrer Haut spüren wollten. Die wenigen, die doch noch unentschieden waren, versuchte Icebreaker mit humorvoller, manchmal provokativer Werbung zu erreichen: Die humorvollen Varianten zeigten, wo Merinoträger nicht stinken, seien es nun Schafe oder Menschen. Später konnte man Adam und Eva in freier Natur bei Tätigkeiten bewundern, bei denen man keine Wolle auf der Haut trägt. Noch später, wie wilde 1997 Icebreaker führt in einer Pionierleistung die Praxis ein, direkte Abnahmeverträge mit den Merinozüchtern abzuschlies sen. Das gibt den Züchtern Planungssicherheit und der Marke die Möglichkeit, strikte Normen hinsichtlich Umwelt- und Tierschutz festzulegen. 2006 Es werden weltweit von der Natur inspirierte preisgekrönte Touch-Lab-Verkaufsstellen eingerichtet. 2008 Icebreaker führt das Produkt-Rückverfolgungsprogramm Baacode ein, mit dem Konsumenten die Herkunft ihres Produkts bis zur Farm zurückverfolgen können. 2010 Die neue GT-Kollektion wird eingeführt, die erstmals Merinowolle mit Lycra kombiniert für perfekte Passform und Leistung. Merino-Mann-Mutanten Mädchen entführen. Die lockere Art der Neuseeländer zieht auch auf den Fachmessen. Der Icebreaker-Stand ist angesagter Treffpunkt, an denen nicht wenige Deals bei einem Glas Bier eingefädelt werden. Eine Erfolgsgeschichte Die Taktik, «ein technisch erstklassiges Produkt herzustellen» (Felix Bächli) und es mit «guter Kiwi-Gastfreundschaft» (Moon) an den Mann zu bringen, funktioniert: Schnell ist Icebreaker weltweit ein Begriff, heute ist die Firma in 4700 Läden in 50 Ländern vertreten. Auf den Exoten-Bonus setzt Jeremy Moon deshalb nicht mehr: «Ich will nicht, dass wir nur als die coole, kleine Firma aus Neuseeland gesehen werden», sagt er und PARTNERCHECK 45

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