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Inspiration 01/2015 dt

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Die Rigi – winterliche

Die Rigi – winterliche Trauminsel mit «weissem Strand» am wogenden Nebelmeer. WEGWEISER 12

SONNENINSEL IM NEBELMEER Sonnige Gipfel über winterlichem Nebelmeer – schon die ersten Touristen waren hin und weg von diesem Anblick. Heute ist die Rigi immer noch «à la mode». Auf einsamen Schneeschuhpfaden abseits des Rummels wird eine Überschreitung des Bergmassivs zum Abenteuer. Wind streicht durch die Wipfel und erleichtert die Tannen von ihrer Schneelast. Die eine oder andere weisse Ladung landet als stiebende Kristallwolke auf Kopf und Schultern der zwei Schneeschuhgänger. Dicker Nebel schluckt jedes Geräusch und die Aussicht, um die es doch geht, hier oben auf der Rigi. Ihrer alleinstehenden Lage zwischen Vierwaldstätter-, Zuger- und Lauerzersee und damit ihrem phänomenalen Rundblick – zu den Fels- und Eisbastionen der Alpen, zum Jura und Schwarzwald hin – verdankt sie das Kompliment «Königin der Berge». Bereits in den Anfängen des Tourismus rissen sich die Bewunderer staunend um die besten Aussichtsplätze. Künstler und Literaten taten ihr Entzücken kund. Goethe, Erzherzog Johann von Österreich, James Fenimore Cooper, Alexandre Dumas, Victor Hugo, Richard Wagner, Queen Victoria, Johannes Brahms, Mark Twain, Karl May – die Liste berühmter Rigibesucher füllt Bücher. Und sie förderte die «Fremdenindustrie», wie das Gewerbe einst hiess. Alpbauern fanden ein willkommenes Zubrot als Träger oder «Rossmannen». Betuchte Städter, der ungewohnten Steilheit und Höhe nicht mächtig, liessen sich in Sänften hinaufschleppen oder zu Pferd führen. Hotelburgen schossen in die Höhe. Von rund 180 Hotelbetten in den 1830er-Jahren kletterte die Zahl auf rund 500 Betten um 1850, 20 Jahre später auf 1000 und gegen 1890 auf weit über 2000. Den grossen Boom brachte der Bau der Zahnradbahnen. 1871 schnaufte von Vitznau herauf die erste Bergbahn Europas. 1875 war auch die Verbindung von Arth-Goldau herauf fertig. Damit war die Rigi sowohl von der Südseite wie von der Nordseite bequem und schnell erreichbar. In den Anfangsjahren war das natürlich eine Sensation, die manchen nicht ganz geheuer schien. So verzichtete Mark Twain (zumindest im Aufstieg) auf «dieses Ding», das «einen Hang steil wie ein Hausdach geradezu hinaufkriechen» konnte, «uns schien, der Mensch müsse gute Nerven haben, der vorhabe, hier hinauf- und hinunterzufahren.» Mit seiner typischen Portion Selbstironie schildert Mark Twain in «Bummel durch Europa» eine Rigibesteigung, die er mit seinem Agenten im Sommer 1878 unternahm. Auf Mark Twains Spuren Wie die beiden sind auch die zwei Schneeschuhwanderer mit dem Dampfer von Luzern über den See angereist und beim Dorfe Weggis ausgestiegen. Sie folgen dem Weg, der zum 100. Todestag des amerikanischen Bestsellerautors im Mai 2011 als Mark-Twain-Themenweg eingeweiht wurde. Im Winter eine durchaus abenteuerliche und vor allem einsame Unternehmung. Aus dem Nebel pellt sich das Felsetor, ein mystischer Schlund, durch den sich die Route zwängt. Passend zum Namen hängt auch in Rigi-Kaltbad eine feucht-kühle Wolkensuppe. Gottlob kann man dort heute warm baden. Ursprünglich ging es hier härter zu. Die Quelle am sogenannten Schwesternborn, die das Kurwesen begründete, sprudelt «so kalt, dass einer sein Hand gar kümmerlich eines Ave Maria lang darein halten kann», WEGWEISER 13

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